Einigung beim Bürgergeld
Ampel und Union haben im Streit um das Bürgergeld einen Kompromiss erzielt. Es soll schärfere Sanktionsmöglichkeiten gegen Leistungsbezieher und weniger Schonvermögen geben. Die Reform könnte noch diese Woche ihre letzte Hürde nehmen.
Die Parteien der Ampelkoalition und die CDU/CSU haben einen Kompromiss beim geplanten Bürgergeld gefunden. Das teilten Vertreter der Parteien mit.
Die Union konnte ihre Forderung nach mehr Sanktionen für Empfänger durchsetzen. Die Ampel hatte eine “Vertrauenszeit” von sechs Monaten vorgesehen, in denen es keine Sanktionen geben sollte. Auf diese “Vertrauenszeit” wird nun komplett verzichtet. Stattdessen sollen von Anfang an Leistungsminderungen greifen, wenn Arbeitslose sich zum Beispiel nicht für einen Job bewerben, obwohl dies mit dem Jobcenter vereinbart war. Dafür wurde ein Stufenmodell vereinbart.
Schonvermögen auf 40.000 Euro reduziert
Zudem hatten CDU und CSU gefordert, dass Betroffene weniger eigenes Vermögen behalten dürfen, wenn sie die staatliche Leistung erhalten. Die Ampel hatte ein Schonvermögen von 60.000 Euro geplant. Der Kompromiss sieht nun einen Betrag von 40.000 Euro für die erste Person einer Bedarfsgemeinschaft vor und 15.000 Euro für jede weitere. Es gilt eine Karenzzeit von einem Jahr – die Ampel hatte zwei Jahre gewollt. In dieser Zeit müssen Leistungsbezieher das Ersparte nicht aufbrauchen. Die Altersvorsorge wird davon komplett ausgenommen und geschützt.
Haßelmann: “Ich bedaure das sehr”
“Wir haben auf die Vertrauenszeit verzichtet”, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann – “ich bedaure das sehr”. SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast sprach von einem “tragfähigen Kompromiss im Sinne der Sache”. FDP-Parlamentsgeschäftsführer Johannes Vogel sagte, es sei gelungen, “ein gutes Gesetz noch besser zu machen.”
Merz sieht Kompromiss als Erfolg der Union
Unionsfraktionschef Friedrich Merz wertete den Kompromiss als Erfolg: CDU und CSU hätten sich in den Beratungen mit der Ampel weitgehend durchgesetzt. “Die Koalition war sehr schnell und – zu meiner Überraschung – sehr weitgehend bereit, hier Kompromisse zu machen”, sagte er. Als größten Erfolg wertete Merz den Verzicht auf die Vertrauenszeit: “Damit ist der Kern des Bürgergelds, wie die Koalition es geplant hatte, komplett gestrichen.” CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte: “Wir haben schwere Systemfehler im Hartz-IV-Update beseitigen können.”
Bürgergeld soll im Januar in Kraft treten
Morgen kommt der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat zusammen, um über die Vorschläge zu beraten. Wenn sich die Einigung bestätigen sollte, könnte die Sozialreform Ende der Woche die letzte Hürde nehmen. Nach den Plänen der Bundesregierung soll sie zum Januar in Kraft treten und das heutige Hartz-IV-System ablösen. Das Bürgergeld sieht unter anderem höhere Regelsätze und eine bessere Betreuung von Arbeitslosen vor.
Fazit:
Als Tiger gestartet als Bettvorleger gelandet. Groß hat die Ampel angekündigt, Hartz IV zu überwinden. Davon kann keine Rede mehr sein. Die Reform fällt aus. Außer einer dringend überfälligen und viel zu niedrigen Erhöhung des Regelsatzes um 53 Euro bleibt im Wesentlichen alles beim Alten.
Ein Wettbewerb der Schäbigkeit auf Kosten der Betroffenen und ein unwürdiges Schmierentheater, bei dem die Union versuchte, Niedriglöhner gegen Sozialleistungsbezieher auszuspielen.
Wer das Leben der Beschäftigten im Niedriglohnbereich verbessern will, muss sich für wirksame Tariftreuegesetze einsetzen, die sachgrundlose Befristung abschaffen und den gesetzlichen Mindestlohn erhöhen. Dies sind alles Maßnahmen, die die Union über Jahre hinweg abgelehnt hat und die die Ampel auch nicht wirklich angeht.
Die Diskussion um die Sanktionen, die den Missbrauch verhindern sollen, ist entkoppelt von jeglicher Realität. Jede dritte Sanktion betrifft Haushalte mit Minderjährigen. Eine Sanktion stellt das vorhandene Haushaltsbudget komplett auf den Kopf. Das bedeutet fehlende warme Mahlzeiten und ständige Sorgen. Dass nicht mal Sanktionen für Haushalte, in denen Kinder leben, abgeschafft werden, ist ein Armutszeugnis.
Statt Hartz V braucht es eine solidarische und sanktionsfreie Mindestsicherung.