Regisseure begehren auf: Netflix will Regie nicht fair vergüten

Regisseure begehren auf: Netflix will Regie nicht fair vergüten

Klappe fällt: Der Bundesverband Regie will von Netflix faire Entlohnung sehen. Bild: dpa

Die Verhandlungen des Bundesverbandes Regie mit Netflix über adäquate Entlohnung sind gescheitert. Jetzt ist eine Schlichtungsstelle dran. Unzufrieden ist man auch mit Verdi.

Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit Netflix will der Bundesverband Regie (BVR) ein Schlichtungsverfahren einleiten. Der Verband hatte die Streamingplattform im Januar 2020 nach Bekanntgabe der Verhandlungen mit Verdi und dem Bundesverband Schauspiel (BFFS) aufgefordert, auch gemeinsame Vergütungsregeln für die von ihm vertretenen Regisseurinnen und Regisseure zu verhandeln. Die Angebote von Netflix waren jedoch nach Auffassung des Regieverbands weder der Leistung angemessen, noch sahen sie das faire Einräumen von Verwertungsrechten vor.

Daraufhin hatte der Vorstand des Verbands im Juni 2022 das Ende der Verhandlungen erklärt. Zuvor vereinbarten Verdi und der BFFS gemeinsame Regeln mit Netflix über Folgevergütungen für fiktionale Serien und Filme, die auch Geltung für die Regie haben sollten. Der Regieverband stellt jedoch Verdis Repräsentanz für Regie, die laut Gesetz Voraussetzung zum Abschluss solcher Honorarvereinbarungen ist – und damit die Gültigkeit dieser Vereinbarung für Regisseure und Regisseurinnen – grundsätzlich infrage. Um die Rechte seiner Mitglieder zu schützen, fordert der Bundesverband Regie Netflix und die Produzentenallianz jetzt zu dem laut Urheberrechtsgesetz vorgesehenen Schlichtungsverfahren auf. Den Vorsitz der Schlichtungsstelle soll Eva Inés Obergfell, seit April 2022 Rektorin der Universität Leipzig, übernehmen.

Die Empfehlung des BVR entspricht der Vorgabe des Europäischen Gesetzgebers nach einer verhältnismäßigen und angemessenen Bezahlung und beinhaltet eine getrennte Vergütung für die Erstellung der Werke, die Nutzung der Rechte sowie den Erfolg. Dabei werden Netflix – von wenigen Ausnahmen abgesehen – alle Auswertungsrechte, insbesondere das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, umfassend und unbefristet eingeräumt. Für die Herstellung des Films oder der Serie ist ein Entgelt, abhängig von der Länge und Anzahl der Folgen vorgesehen. So soll für jede Folge einer Staffel, skaliert nach der Länge, dem Budget und den Drehtagen, eine Mindestvergütung vereinbart werden.

Für die Honorierung der Verwertungsrechte ist die reale Zahl der Abrufe entscheidend. Hierfür schlägt der Regieverband zwei Modelle vor. Zum einen soll sich die Vergütung nach dem Gesamtbudget einer Serienstaffel, der Anzahl der Plattformen, der zeitlichen Bereitstellung sowie den Nutzerzahlen richten. Als Alternative wird ein fixer Prozentsatz vom Gesamtbudget sowie eine Orientierung an einer möglichen Steigerung der Abonnentenzahlen angeregt.

Auch bei weiteren kommerziellen oder anderen Onlineverwertungen sollen die Regisseurinnen und Regisseure an den Erlösen beteiligt werden. Die Bemessung des Erfolgs soll vor allem auf den Zuschauerzahlen durch die Zählung von weltweiten Completern (Completer: ein Account, auf dem mindestens 90 Prozent einer Serienstaffel gesehen wurden) basieren. Der Schwellenwert soll bei zehn Millionen Completern liegen. Soweit eine Mitgliedschaft in der Pensionskasse der Rundfunkanstalten besteht, übernimmt Netflix den Auftraggeberanteil.

Nach Angaben des Regieverbands be­trägt die Abonnentenzahl von Netflix Mitte 2022 circa 220,67 Millionen Nutzer, das entspräche einer Steigerung seit Mitte 2020 von fast 15 Prozent. Der gleichzeitige weltweite Einsatz der Filme sowie eine globale Abonnentenbasis seien neu für die deutsche Filmbranche und müssten nach Ansicht des Regieverbands daher eine Be­rücksichtigung bei der Festlegung einer angemessenen Vergütung für die Regie finden. Eine faire Lösung in der Auseinandersetzung mit Netflix hat deshalb Modellcharakter auch für andere Streaminganbieter, denn die zumeist unzureichende Vergütung der Regieleistung ist ein generelles Problem bei Produktionen für Video-on-Demand-Dienste.

Der Bundesverband Regie vertritt die künstlerischen, materiellen, politischen und ideellen Interessen von mehr als 550 Regisseurinnen und Regisseuren in Deutschland – vorwiegend im fiktionalen Bereich – gegenüber Produzenten, Sendern und Verwertern, sowie der nationalen und europäischen Politik in allen Fragen des Urheberrechts und der Film- und Medienpolitik. Zu seinen Mitgliedern zählen die renommiertesten Regisseurinnen und Regisseure in Film und Fernsehen in Deutschland. Der Verband verhandelt Vergütungsregeln mit allen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendeanstalten, Verwertern und Produzenten.

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