Wegen Zuwanderung rutscht die Ampel in eine tiefe Vertrauenskrise
Autos, Heizung, gegenseitige Beschimpfungen – die Ampelregierung hat gerade Probleme genug. Hier kommt das nächste: Beim Schlüssel-Thema Einwanderung trauen die Bürger der Regierung nicht mehr über den Weg. Sie verlangen Kontrolle.
In Frankfurt an der Oder nahmen an diesem Dienstag Bundespolizisten 14 Personen aus Afghanistan fest, die sich auf einem Friedhof herumtrieben. Es stellte sich heraus: Alle waren Männer, alle waren zwischen 18 und 27 Jahren alt. Alle hatten keine Papiere. Und alle sind jetzt Teil des deutschen Asylsystems.
Das gilt auch für den islamistischen Terror-Henker, den Fahnder der Bundesanwaltschaft am Montag festnahmen – in Essen. Im Essener Norden gibt es eine stabile Clan- und Islamistenszene, seit Jahren. Dem Syrer war es gelungen, sich gleich mehrere Jahre in Essen-Frohnhausen zu verstecken. Nach Deutschland war er als Asylbewerber eingereist.
Deutsche misstrauen dem deutschen Asylrecht
Einzelfälle, Schlaglichter. Aber: Immer mehr Deutsche misstrauen dem deutschen Asylrecht. Was die Ampelregierung nicht davon abhält, das Bleiberecht von ursprünglich einmal Ausreisepflichtigen nach Deutschland ebenso erleichtern zu wollen wie den Zugang zur deutschen Staatsbürgerschaft.
Zwar wurde vor kurzem in Berlin ein Abschiebungsbeauftragter installiert. Aber FDP-Mann Joachim Stamp, der früher Integrationsminister in Nordrhein-Westfalen war, beurteilt seine Chancen, Abschiebungsabkommen mit den Herkunftsländern zu erreichen, selbst skeptisch. Womit er richtig liegt, denn an dieser Idee scheiterten in der Realität alle Bundesinnenminister der vergangenen Jahre.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock macht sich inzwischen für eine Neuauflage der europäische Seenotrettung im Mittelmeer stark. Die vielen toten Flüchtlinge im Mittelmeer nennt die Grüne Europas offene Wunde. Über die andere Seite dieser Tragödie, darüber, dass es sich bei dieser Migration um Organisierte Kriminalität handelt, veranstaltet von internationalen Schleuserbanden, verliert die Grüne kein Wort.
Verheerender Befund für Ampel
Die jüngste Allensbach-Umfrage, über die die FAZ berichtet, enthält für die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP denn auch einen verheerenden Befund.
Er lautet: „Das Vertrauen, dass die Regierungsparteien den Zuzug im Interesse des Landes regeln, ist gering. Nur knapp ein Fünftel traut ihnen eine überzeugende Regelung zu; alle Parteien der Ampelkoalition haben hier seit Anfang 2022 gravierend an Vertrauen verloren: Vor einem Jahr trauten 18 Prozent der SPD eine überzeugende Zuwanderungsregelung zu, aktuell zehn Prozent; das Vertrauen in die Grünen ist von neun auf sechs Prozent zurückgegangen, das in die FDP sogar von sieben auf vier Prozent.“
Die Deutschen haben nichts gegen die Flucht der Ukrainer vor Putins Horden, besorgt sind sie laut Allensbach wegen der Flüchtlinge aus islamischen Ländern. Das hat mit Rassismus nichts zu tun, sondern beruht auf Erfahrung. Kriminalitäts-Nachrichten gibt es über Ukrainer, die in Deutschland Zuflucht suchen, nicht. Auch mit Messerattentaten sind Ukrainer bislang nicht auffällig geworden. Es handelt sich um Menschen, die, so urteilt Allensbach-Chefin Renate Köcher, eben auch aussehen, wie man sich in Deutschland Flüchtlinge vorstellt: Frauen und Kinder in nachvollziehbarer Not.
Der jahrelange Streit um das deutsche und europäische Asylrecht
80 Prozent der von Allensbach Befragten halten es nicht für möglich, etwa Afghanen und Syrer in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren. Und auch darin liegen die Menschen richtig, denn rund zwei Drittel der Flüchtlinge aus Syrien beziehen nach Behörden-Angaben Stütze, bei Afghanen ist es jeder Zweite.
Auffällig sind diese beiden Flüchtlingsgruppen auch bei der Kriminalität. Die aktuellsten Zahlen dazu stammen aus Deutschlands Südwesten. Nach der neuen Kriminalstatistik Baden-Württembergs hat sich die Zahl der Tatverdächtigen aus Afghanistan innerhalb eines Jahres verdoppelt. Die Zahl der syrischen Tatverdächtigen nahm im vergangenen Jahr um 25 Prozent zu.
Der Streit um das deutsche und europäische Asylrecht ist inzwischen Jahrzehnte alt. Keine Regierung hat eine Lösung gefunden – auch die einschneidende Grundgesetzänderung brachte vor 30 Jahren nicht die Wende. Es liegt auch an Europa – die meisten (nicht-ukrainischen) Flüchtlinge wollen nach Deutschland, andere europäische Länder lehnen es ab, mit Deutschland die Lasten zu teilen.
Wer eine populär geschriebene, gleichwohl aber wissenschaftliche Analyse über das dysfunktionale europäische Asylrecht lesen will, sollte zum druckfrischen Buch des Berliner Migrationsforschers Ruud Koopmanns greifen. Koopmanns beschreibt in „Die Asyl-Lotterie“, weshalb das Asylrecht prinzipiell zwar eine gute Idee ist, die aber das Gegenteil erreicht von dem, was es anstrebt.
Denn: Es schaffen nur die Stärksten nach Europa, nicht die Bedürftigsten. Weil meistens die Erstaufnahmeländer von den übrigen Europäern im Stich gelassen werden. Weil die Integration viel schwieriger ist als angenommen. Weil Europa sich erpressbar gemacht hat durch Autokraten wie den türkischen Präsidenten Erdogan. Weil der Rechtspopulismus vom Asylsystem profitiert.
Konstruktiver Vorschlag für eine gerechtere und sozialere Flüchtlingspolitik
Koopmanns beschreibt, weshalb nicht die Schutzbedürftigkeit darüber entscheidet, in Europa unter dem Dach des Asylrechts aufgenommen zu werden, sondern die Risikobereitschaft. Alte, Schwache, Kranke hätten keine Chance.
Koopmanns macht auch einen konstruktiven Vorschlag für eine andere, gerechtere und sozialere Flüchtlingspolitik:
Asylanträge werden nicht in Deutschland bearbeitet, sondern in Lagern außerhalb des Schengenraums. Die Vereinten Nationen, deren Flüchtlingshilfswerk, wählen die Schutzbedürftigsten aus. Mit Herkunftsländern werden Verträge abgeschlossen: Sie nehmen die illegalen Migranten – jene ohne Asyl-Anspruch – zurück und man gibt ihnen Kontingente für reguläre Zuwanderung in den europäischen Arbeitsmarkt. Dann würde aus ungeregelter, geregelte, kontrollierte, Einwanderung. Ganz so, wie es auch die deutsche Industrie gerne hätte.
Bislang haben sich Hoffnungen der deutschen Industrie, den Fachkräftemangel mithilfe von Flüchtlingen aus Nahost zu mildern, wenn nicht zu lösen, zerschlagen. Und die Annahme des damaligen Daimler-Chefs Dieter Zetsche, der die Flucht von Syrer als mögliche Basis für ein „zweites Wirtschaftswunder“ sah, entpuppte sich als euphorische Illusion.
Bundesregierung plant ein neues Einwanderungsgesetz
Nachdem die Flüchtlings-Einwanderung nicht zu einer Lösung des deutschen Fachkräftemangels geführt hat, setzt die Industrie nun auf gezielte Einwanderung aus außereuropäischen Ländern. Die Bundesregierung plant ein neues Einwanderungsgesetz, in dieser Woche holten sich zwei deutsche Minister, Hubertus Heil und Nancy Faeser, Inspiration im Einwanderungsland Kanada.
Allensbach sagt, eine Mehrheit der Deutschen sei für die gezielte, kontrollierte Einwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt. Das sieht also nach einer Win-Win-Situation aus. Es gibt ein großes Aber: Bislang ziehen Arbeitsmigranten, etwa aus Asien, andere Länder Deutschland mit großem Abstand vor.
Einwanderung in Deutschlands Sozialsystem erscheint Migranten bislang weitaus attraktiver als Einwanderung in Deutschlands Arbeitsmarkt. Grob gesagt: Weniger Qualifizierte kommen nach Deutschland, Qualifizierte bevorzugen die USA, Kanada oder Australien.
Quelle: Focus