ARD-Mann erteilt sich Islam-Maulkorb – die mutigste Meinung dazu vertritt ein Grüner
Nancy Faeser arbeitet aktuell an einem „Bundespartizipiationsgesetz“, um die Zahl der Migranten in Behörden zu erhöhen. Es geht um Diversität, also Vielfalt. In Constantin Schreibers Roman „Die Kandidatin“ gibt es ein „Vielfaltsförderungsgesetz“: Karriere macht, wer nicht männlich, nicht weiß, nicht christlich und nicht heterosexuell ist.
Das Buch ist eine Provokation, auch, weil es auf einen Raum des Sagbaren pocht. Dieses Buch hat Constantin Schreiber nun gewissermaßen dementiert: durch seine Ankündigung, nichts mehr über den Islam schreiben oder senden zu wollen. Darauf haben inzwischen etliche CDU-Politiker reagiert – und ein Grüner, der allerdings nicht in Berlin arbeitet, sondern in Stuttgart.
Mutiges Statement von Grünen-Politiker Danyal Bayaz
Danyal Bayaz ist im Kabinett des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann der wichtigste Mann: Finanzminister. Er gilt als einer mit Potential für die erste Reihe. Bayaz also sagt über Schreibers Rückzug, nach Drohungen und anderen Einschüchterungsversuchen gegen den Tagesschau-Mann: „Das ist eine bedenkliche Entwicklung und ein Rückschlag für die offene Gesellschaft. In diesem Land muss sich jeder kritisch mit Politik oder Religion auseinandersetzen können, ohne Angst vor Hass und Gewalt haben zu müssen.“
Bayaz‘ Solidaritäts-Stellungnahme ist durchaus mutig, denn Schreiber fährt in seinem Roman einen Artillerie-Angriff auf die grüne Identitätspolitik. Schreibers erster Satz lautet, in Anlehnung an den Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels und dessen berüchtigte „Sportpalast“-Rede: „Wollt ihr absolute Diversität?“ Schreibers Untergangsroman knüpft an Michel Houellebecqs Islamisierungsroman „Die Unterwerfung“ an – und Deutschland hat sich in dem Roman quasi schon unterworfen und damit abgeschafft, wie Thilo Sarrazin es in seinem Millionenseller vorausgesagt hat.
Schreibers Hauptfigur in dem Roman lässt sich lesen, als ob die Berliner SPD-Politikerin Sawsan Chebli dafür das role model abgab. Jetzt äußert sich Chebli selbst zu Schreibers Abschied aus der Islam-Debatte: „Als Muslimin, die durch die Aussagen und Bücher von Constantin Schreiber viel Hass, Hetze und Verleumdungen erlebt hat, weil er mir Nähe zum Islamismus unterstellt hat, hat er meine Solidarität. Nichts rechtfertig Gewalt, Hass und Hetze.“ Solidarität – allerdings gepaart mit einer persönlichen Opferrolle.
Mansour mit Kritik am Meinungs-Klima
Ahmad Mansour, den FOCUS-online-Leser als Gastautoren kennen, verbindet als selbst oft angefeindeter Migrationskritiker sein Verständnis für Schreibers Entscheidung mit einer grundlegenden Kritik am Meinungsklima in Deutschland: „Es ist (…) sehr bedenklich, dass durch Cancel Culture, Diffamierungen und Bedrohungen, eine konstruktive Diskussionskultur immer unmöglicher wird.“ Auch vermisst Mansour Solidarität mit Schreiber.
Schreibers persönliche Unterwerfung erfährt in Kollegenkreisen teils Solidarität, aber auch dröhnenden Spott. „Weil Constantin Schreiber gerade versucht, sich selbst präventiv zu canceln, tun wir ihm doch den Gedanken und erinnern uns daran, dass er vor zwei Jahren ein unfassbar bigottes Buch geschrieben hat“, urteilt die Autorin und Podcasterin Annika Brockschmidt.
Schreiber klagt, er und sein Roman seien mit dem NS-Machwerk „Jud Süß“ verglichen und so diffamiert worden. Die linken Aktivisten, die ihn bei einer Veranstaltung an der Universität Jena mit einer Torte traktierten, „hatten schon Flugblätter draußen verteilt, wo irgendwas mit Jud Süß draufstand“. Nun – das stimmt.
Ausgerechnet NDR-Mann kritisierte Schreiber
Tatsächlich stammt dieser Vergleich pikanterweise von einem Kollegen Schreibers – dem Fernsehjournalisten und Mitarbeiter in der NDR-„Panorama“-Redaktion Stefan Buchen. Der hat ein – langes – Stück über Schreibers „Propagandaroman“ geschrieben im „Katapult-Magazin“. Die NZZ wertet dieses Stück als hart am Rufmord. Der NDR produziert auch die Tagesschau, in der Schreiber die Nachrichten verliest.
Schreibers Absage an die Beschäftigung mit dem Islam – für die wurde er schon mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet – fällt harsch und demonstrativ aus. Er setzt damit ein Ausrufezeichen: „Ich werde mich zu allem, was mit dem Islam auch nur im Entferntesten zu tun hat, nicht mehr äußern. Ich werde keine Bücher dazu schreiben, ich lehne Talkshow-Anfragen ab, ich mache das nicht mehr.“ “Welt”-Chefredakteur Ulf Poschardt kündigt die Kapitulation vor Drohung und Kritik knapp: „So stirbt die Freiheit und der Westen.“
So empfindet es auch Susanne Schröter, die mehrfach Cancel-Versuchen ausgesetzt war. Zuletzt, als sie im Frühjahr in ihrem Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam eine Migrationskonferenz veranstaltete. Weil sich dort der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer in N-Wort-Debatten verstrickte, forderten anschließend 60 wissenschaftliche Kollegen von Schröter die Schließung des Instituts. Allerdings traten ihr danach 600 Wissenschaftler und gesellschaftliche Repräsentanten an die Seite.
Koalition von Linksextremisten mit politischem Islam
Es gibt auch Kritik an Schreibers Schritt, sogar aus berufenem Mund, von einem der bekanntesten Medien-Rechtsanwälte in Deutschland. Dessen Entscheidung sei „falsch“, sagt Carsten Brennecke, denn: „Das Einknicken ist der Sprit, auf dem die Cancel Culture fährt.“
Eine andere Rechtsanwältin, die Moscheegründerin Seyran Ates, verweist auf den ideologischen Hintergrund der Angriffe linker Aktivisten auf den ARD-Mann Schreiber: Linksextremisten seien eine Koalition eingegangen mit dem politischen Islam. Aus deren Perspektive sei jede Islamkritik rassistisch und islamfeindlich.
Inzwischen hat die Friedrich-Schiller-Universität Jena eine Erklärung zu dem tätlichen Angriff auf Schreiber abgegeben. Sie ist kühl, wenn nicht sogar blutleer ausgefallen. Zur Erinnerung: Schreiber hatte der Uni vorgehalten, dass sich niemand von der Universität für ihn eingesetzt habe. Schreiber hätte im übrigen gewarnt werden müssen vor dieser Veranstaltung, denn die Universität war darüber wohl vorab informiert.
Nun die Erklärung der Jenaer Universität: Die Uni sei ein Ort des freien Diskurses. Deren Präsidium unterstütze den öffentlichen Austausch auch zu kontroversen Themen und „spricht sich gegen tätliche Angriffe aus“. Mit „dieser Aktionsform wird lediglich Aufmerksamkeit erzeugt, aber es werden weder Argumente ausgetauscht noch gemeinsame Lösungen entwickelt“. Vielleicht wollten die Aktivisten auch gar keine Argumente austauschen. Oder: Agiert hier die Universitätsleitung nur naiv oder schon böswillig?
Der Angriff auf Schreiber wurde übrigens seinerzeit nicht in der Tagesschau gesendet. Ob das wohl auch so gewesen wäre, hätten ihn Neonazis verprügelt?
Quelle: Focus