„Wir müssen über bessere Kontrollen sprechen, über Integration und härtere Strafen“

„Wir müssen über bessere Kontrollen sprechen, über Integration und härtere Strafen“

Ahmad Mansour

Ahmad Mansour im Interview.
Ahmad Mansour ist Diplom-Psychologe, Buchautor und Geschäftsführer von MIND Prevention, einer Initiative für Demokratieförderung und Extremismusbekämpfung. Vor allem ist 46-Jährige, der seit 2004 in Deutschland lebt und mittlerweile auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, jemand, der offensichtliche Probleme offen anspricht.


Zwei Tote, mehrere Schwerverletzte und dutzende traumatisierte Menschen. Das ist die dramatische Bilanz der Messerattacke in einem Regionalzug in Norddeutschland, verübt mutmaßlich durch einen Palästinenser. Ahmad Mansour benennt im Interview mit FOCUS online die Gründe, was in Deutschland bei der Integration falsch läuft.

Herr Mansour, was ist Ihnen als erstes durch den Kopf gegangen, als Sie von der Tat im Zug bei Brokstedt gehört haben?

Ahmad Mansour: In den 18 Jahren, in denen ich nun in Deutschland bin, hatte ich immer das Gefühl, hier sicher unterwegs zu sein. Gerade in Zügen, in denen ich viel Zeit verbringe. Diese Nachricht gestern hat bei mir Bilder und Gedanken aus der Vergangenheit aktiviert, die ich eigentlich vergessen wollte.

Welche sind das?

Mansour: Es geht um das, was in meinem Heimatland Israel passiert: Messerattacken und andere Angriffe auf unschuldige Menschen. Das Ereignis in dem Zug bei Brokstedt macht mir gleichfalls Angst und mich ganz persönlich sehr betroffen. Hier kamen Menschen ums Leben, andere wurden schwer verletzt oder hoch traumatisiert. Es ist nicht zu fassen.

„Solche Menschen verachten unsere Gesellschaft schlicht und einfach“

Der mumaßliche Täter ist seit 2014 in Deutschland, hat seitdem eine Reihe von Gewalt- und Sexualdelikten begangen, saß im Gefängnis. Was läuft da schief?

Mansour: Manche werden nun sagen, dieser Täter sei ein psychisch kranker Mensch, hochtraumatisiert, und deshalb könne er nicht anders. Ich bin der Überzeugung, dass solche Menschen unsere Gesellschaft schlicht und einfach verachten. Sie begehen mehrfach Straftaten, nehmen an antisemitischen Demos teil, greifen zu Messern oder vergewaltigen Frauen.

Von wie vielen sprechen wir?

Mansour: Es ist eine sehr kleine, aber existente Gruppe unter den Flüchtlingen, welche die Möglichkeit, Schutz und Asyl in Deutschland zu bekommen, missbraucht. Diese Leute leben zwar unter uns, sind aber emotional nie hier angekommen. Sie vertreten vollkommen andere Werte, verachten unseren Rechtsstaat und haben das Gefühl, dafür keine Konsequenzen fürchten zu müssen.

Welcher Schlussfolgerung bedarf es daraus?

Mansour: Wir müssen zwingend über bessere Kontrollen sprechen, über Integration und härtere Strafen.

Der mumaßliche Täter wurde als verwirrt bezeichnet, ob aber wirklich eine psychische Erkrankung für die Tat ursächlich war, ist völlig unklar. Aber welche Rolle spielen psychische Erkrankungen in solchen Fällen?

Mansour : Die gibt es, keine Frage. Psychische Erkrankungen können Straftaten begünstigen, rechtfertigen diese aber nicht. Wir haben nach Hanau und Halle nicht von psychisch Kranken gesprochen, sondern zu Recht die Ideologie thematisiert.

„Wer dauerhaft stört, dem muss der Weg raus aufgezeigt werden“

Die Integration ist bei diesem Mann vollkommen gescheitert. Hat hier auch der Staat versagt?

Mansour: Solche Menschen kommen aus sehr autoritären Staaten oder wurden Zuhause sehr autoritär erzogen. Das heißt, was bei ihnen wirklich ankommt und zum Umdenken bringt, sind harte Konsequenzen bei Fehlverhalten. Wer dauerhaft stört, dem muss der Weg raus aus der Gesellschaft aufgezeigt werden. Also Abschiebung – wenn rechtlich möglich. Gleichzeitig sollten jene, die sich integrieren wollen, die hier ankommen möchten, belohnt werden.

Was läuft konkret falsch?

Mansour: Die Wertevermittlung funktioniert nicht ebenso wie die Begleitung in die Gesellschaft. Wir wissen viel zu wenig über die Menschen, die zu uns kommen und hier leben. Wir brauchen zwingend Stopp-Möglichkeiten bei der Begleitung solcher Menschen. Das heißt: Wir müssen einen Kontrollmechanismus einziehen, um solche Taten wie nun wieder geschehen zu verhindern, bevor sie geschehen.

Ibrahim A. wird als ein „staatenloser Palästinenser“ bezeichnet. Was bedeutet das?

Mansour: Ich verstehe nicht, warum jemand als staatenlos bezeichnet wird, wenn er aus Gaza kommt. Gaza ist neben dem Westjordanland Teil der Palästinensischen Autonomiegebiete, wenngleich der völkerrechtliche Status umstritten ist. Deutschland unterstützt die Palästinenser finanziell sehr stark. Natürlich könnte man diese Menschen zurück nach Gaza schicken. Sie kommen ja von dort. Die Lage in Gaza ist zwar keine erfreuliche, aber über Möglichkeiten der Rückführung bei solchen Kriminellen muss nachgedacht werden. Hier müsste Deutschland aktiver nach Lösungen suchen. Vor allem bei gefährlichen Straftätern. Denen muss der Weg hinaus klar aufgezeigt werden.

„In der Gesellschaft herrscht große Skepsis gegenüber Migration“

Manche Medien wie etwa der NDR auf Twitter haben die Herkunft des mutmaßlichen Täters bewusst nicht thematisiert. Ist das zielführend?

Mansour: Das ist definitiv nicht zielführend – und auch keine höhere Moral. Es handelt sich hier um einen Asylsuchenden. Das allein sorgt in der Gesellschaft angesichts der zahlreichen Integrationsdebatten für Aufhorchen. Es kann doch nicht verschwiegen werden, dass bei einer solchen Gewalttat, bei einem Mord, der Täter ein Asylsuchender ist. Wer das macht, handelt fahrlässig, bringt uns keinen Schritt weiter, sondern trägt im Gegenteil zur sozialen Spaltung und zum Vertrauensverlust der Medien bei.

Da sprechen Sie was an.

Mansour: In der Gesellschaft herrscht eine große Skepsis gegenüber Migration. Dazu tragen Ereignisse wie etwa die in Neukölln an Silvester bei. Und noch mehr solche, wo Menschen getötet werden. Das muss an die Öffentlichkeit, gerade auch bei öffentlich-rechtlichen Sendern. Wenn wir die Debatte verweigern, dann verschwindet die Debatte nicht, sondern sie verlagert sich und unterstützt letztlich diejenigen, die kein Interesse an Lösungen haben und nur Hass und Hetze verbreiten wollen.

„Es wird nichts passieren“

Bei tödlichen Messerattacken durch Flüchtlinge kann man nicht mehr von „Einzelfällen“ sprechen, vor wenigen Wochen hat ein Eritreer in Illerkirchberg zwei Mädchen angegriffen, eines mit dem Messer getötet. Was muss jetzt passieren?

Mansour: Es wird nichts passieren, weil die politischen Entscheidungsträger in diesem Land daran kein Interesse haben. Ich habe mich gestern sehr über die klaren Ansagen des Grünen-Vorsitzenden Nouripour bei „Lanz“ gefreut. Bei den Anhängern seiner Partei jedoch werden meine Aussagen, die in die ähnliche Richtung gehen, als rassistisch und populistisch gebrandmarkt. Es ist einfach falsch, immer nur von den „armen Flüchtlingen“ zu reden. Dieses Moralisieren bringt uns in der Integrationsdebatte kein Stück weiter. Unter den Flüchtlingen gibt es leider nicht nur Engel, die hierherkommen, um unser Rentensystem zu retten, sondern auch eine kleine Gruppe von bösartigen Menschen, die dieses Land ausnutzen, die gerade nicht ankommen wollen. Diejenigen, die das aber thematisieren, werden als Krawallmacher dargestellt.

Richten wir unseren Blick auf die Personen im Zug. Sie sind Psychologe. Was macht das mit Menschen, die so eine Tat miterleben mussten?

Mansour: Vor allem als Israeli kann ich Ihnen genau sagen, was das mit einem macht. Ich kenne einige Menschen, die Ähnliches durchlitten haben, teils vor mehreren Jahrzehnten. Sie leiden immer noch. Angst bestimmt ihr ganzes Leben. Gleiches gilt oft für die Angehörigen. Das sind hoch traumatische Erlebnisse, die Menschen zerstören, ganze Familien kaputtmachen können.

Quelle: Focus Online

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