Wir dämmen den Islamismus nicht ein, wir geben ihm einen Platz in der Gesellschaft
(Picture alliance/dpa/Matthieu De Martignac)
Die Ampel fährt einen Kuschelkurs mit Islamisten. Die Unruhen in Frankreich im Juni 2023, ausgelöst durch den Tod eines 17-Jährigen durch einen Polizisten, haben in ganz Europa Besorgnis erregt. Doch wenn die unkontrollierte Zuwanderung anhält, drohen auch in Deutschland französische Verhältnisse.
Bei seinem Abschied vom Innenministerium prophezeite Gérard Colombe 2018: „Wir leben nebeneinander. Ich befürchte, dass wir künftig, gegeneinander vorgehen“. Am 27. Juni 2023 war es soweit. Ein Jugendlicher von 17 Jahren, der einer Polizeikontrolle entkommen wollte, wurde erschossen. Zwei Tage später bei seiner Beisetzung in Nanterre brannte das Land.
Nach einer Woche zieht das Innenministerium Bilanz: 12.031 Fahrzeuge verbrannt, 23.878 Feuer auf offener Straßen angezündet, insbesondere Müllcontainer, 2,508 Gebäude verbrannt oder beschädigt, darunter 273 Polizeireviere, 105 Rathäuser verbrannt oder beschädigt, 243 Schulen angegriffen, 17 gewählte Politiker wurden attackiert, 808 Polizisten wurden verletzt und 3.486 Unruhestifter wurden festgenommen, ein Drittel davon sind Minderjährige mit einem Durchschnittsalter von 17 Jahren.
Der Gesamtschaden wird auf eine Milliarde Euro geschätzt. Er übersteigt bei Weitem den Schaden infolge der Unruhen von 2005, die drei Wochen andauerten. Sie blieben damals auf einige Großstädte beschränkt; Marseille wurde zum Beispiel verschont. Diesmal waren die Unruhen flächendeckend und erfassten auch mittlere und kleine Städte.
Die Unruhestifter haben 2005 in ihren eigenen Vierteln getobt; diesmal haben sie gezielt die Zentren der Städte demoliert. Neu ist auch der offensichtliche Wille zu töten, der mit dem Angriff auf das Privathaus des Bürgermeister von La Häyes-les-Roses einen Höhepunkt erreichte und die ganze Republik aufschreckte.
Abschottung in Parallelgesellschaften
Am Anfang sympathisierte die Nupes (Nouvelle union populaire écologique et sociale), die die linken Parteien und die Grünen versammelt, mit dem Aufstand. Mit der Intensivierung der Attacken gegen staatliche Institutionen wie Rathäuser, Polizeireviere und Schulen sowie Volksvertreter spaltete sich die Nupes.
Die Sozialisten und die Kommunisten verurteilten vorbehaltslos diese Gewalt. Die „France insoumise“ von Jean-Luc Mélanchon, die die Linksradikalen vertritt und Teile der Grünen schwiegen. Mélanchon wurde vorgeworfen, den republikanischen Konsens verlassen zu haben.
Nach Ansicht von Beobachtern hat sein Abdriften lange vorher begonnen und zu einem Bruch mit der Republik 2019 geführt, als er mit den Islamisten ein Manifest gegen die Islamophobie unterschrieb. Für viele verkörpert er den so genannten Islamo-Gauchisme, den Islamismus der Linke.
Kommentatoren und Wissenschaftler aller Couleur rätseln über die Ursachen der Gewalt. Die Linksorientierten wollen nur die soziale Dimension sehen. Armut und Vernachlässigung seien die Gründe. Sie übersehen, dass dies auch alteingesessene Franzosen betrifft.
Die Rechtsorientierten betonen die identitäre Dimension des Geschehens. Es gebe eine arabo-islamische Parallelgesellschaft, die nach Anerkennung suche. Sie fühle sich nach der Verabschiedung der Separatismus-Gesetze, die gegen das islamische Milieu gerichtet sind, diskriminiert.
Anteil der Muslime in Frankreich: 8,8 Prozent
Beide Elemente sind eigentlich nicht zu trennen. Die Abschottung in Parallelgesellschaften verringert die Chancen der Teilnahme an der Mehrheitsgesellschaft. Großer Gewinner ist laut Umfragen die rechtsradikale „Rassemblement National“ von Marie Le-Pen, deren Chancen, die nächste Staatspräsidentin zu werden, gewachsen sind.
Man hat nach 2005 bei der städtischen Planung die problematischen Viertel bevorzugt und jährlich 10 Milliarden Euro für ihre Renovierung ausgegeben. Das hat weder ihre soziale Situation noch ihre antirepublikanische Haltung geändert.
Nach wie vor stehen vor allem bei der jungen Generation (75 Prozent) die Werte des Islam über den Werten der Republik. Wer es schafft, verlässt diese Viertel, wird aber von neuen Migranten, die illegal oder durch Familienzusammenführung einwandern, ersetzt.
Die anhaltende unkontrollierte Migration vergrößert die Randgruppen und erschwert ihre Integration. Der Anteil der Muslime an der Gesamtbevölkerung beträgt in Frankreich 8,8 Prozent, in Deutschland liegt er bei 6,4 Prozent.
Ukrainische Flüchtlinge stellen keine Gefahr für unsere Gesellschaft dar
Man fragt sich besorgt, ob solche Unruhen bei uns möglich wären. Wir haben in der Tat in den vergangenen Jahren Ähnliches erlebt. Die Silvesternacht 2015 in Köln, die Stuttgarter Krawallnacht vom Juni 2020 und zuletzt die Unruhen der Silvesternacht 2022 in Berlin und anderen deutschen Städten. Auch hier waren muslimische junge Migranten, meist mit arabischem Hintergrund, involviert.
Zu einem flächendeckenden Brand ist es aber noch nicht gekommen. Ein Grund stellt bis jetzt die relativ überschaubare Zahl der Muslime dar. Ihre Zahl wächst aber rapide.
Seit der Flüchtlingskrise 2015 sind mehr als zwei Millionen gekommen und die Gesamtzahl der Muslime ist auf 5,5 Millionen geklettert. In der ersten Hälfte 2023 wurden 150.166 Erstanträge auf Asyl gestellt, über zwei Drittel stammen aus muslimischen Ländern.
Seit Februar 2022 sind außerdem über eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine zu uns gekommen. Sie stellen keine Gefahr für unsere Gesellschaft dar. Im Gegenteil, mit ihrem Kampf gegen die russische Aggression verteidigen sie unsere demokratischen Werte und unsere Freiheit.
Die Muslime dagegen stammen aus Ländern, die die Demokratie nicht kennen. Ihre autoritären Regime pflegen die Scharia-Kultur des Islam. Daher glauben viele Migranten, dass ihre islamische Kultur wertvoller als unsere ist.
Erst 2015 hat die Politik gemerkt, dass sie gegen den soziokulturellen Hintergrund der Migranten steuern muss. Sie hat neben Sprachkursen Integrationskurse eingerichtet. Sie sollten über unser demokratisches System informieren. Diesem Schritt wird aber durch die gesamte Politik der Regierung widersprochen. Die Regierung betreibt tatsächlich eine Islamismus-verharmlosende Politik und folgt damit tendenziell dem Weg des Islamo-Gauchismus in Frankreich.
Förderung eines Euro-Islams
2006 hat die Politik festgestellt, dass die islamische Parallelgesellschaft weit gediehen ist und den sozialen Frieden gefährdet; sie beschloss neben dem Integrationsgipfel für alle Ausländer eine islamische Konferenz für Muslime. Das Ziel war die Eindämmung des politischen Islam ,bekannt als Islamismus. Die meisten Beteiligten an den Terroranschlägen am 11. September 2001 kamen aus Deutschland.
Die großen Islamverbände taten sich zu einem Koordinationsrat der Muslime zusammen und bekämpften den Begriff Islamismus mit Erfolg. Es gebe nur den Islam, behaupten sie bis heute.
Der Staat machte einen Rückzieher und begann, zwischen einem legalistischen Islamismus, der friedlich und als Dialogpartner geeignet sei und dem gewaltbereiten Jihadismus zu unterscheiden.
Mit den Verbänden, die teilweise in den Verfassungsberichten stehen, hat der Staat die Organisation des Religionsunterrichts an den Schulen und der islamischen Theologie-Institute an den Universitäten begonnen. Man will einen Euro-Islam fördern und lässt die Islamisten in den Beiräten sitzen, um Programme und Personal zu beaufsichtigen. Mit den Islamverbänden hat der Staat auch Staatsverträge abgeschlossen.
Kein Aktionsplan gegen Islamismus
Die Ergebnisse dieser Politik liegen jetzt vor. Ursprünglich aus Sicherheitserwägungen errichtet, um den Islamismus einzudämmen, wird nun der Islamismus akzeptiert und soll seinen Platz in der Gesellschaft finden.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat zum Auftakt der Islamkonferenz erklärt, dass über Islamismus nicht gesprochen wird, weil die Islamkonferenz keine Sicherheitskonferenz sei. Faeser hat außerdem den „Expertenkreis Politischer Islamismus“ aufgelöst.
Dagegen bleibt der „Expertenkreis Muslimfeindlichkeit“ bestehen. Die Bundesinnenministerin hat längst einen „Aktionsplan gegen Rechtsextremismus“ vorgelegt. Gegen Islamismus ist bis jetzt nichts geplant.
Kein Wunder, dass die Islamisten sich wohl in Deutschland fühlen. Der Marsch durch die Institutionen hat sich für sie gelohnt. Daher kann man feststellen, dass eine Hetze gegen den Staat, wie sie in Frankreich stattfindet, nicht zu beobachten ist. Ist das Problem der Gewalt damit gelöst? Lange nicht.
Clankriminalität wird zunehmend zum Problem
Die Islamverbände propagieren einen islamistischen und traditionellen Islam; ein liberaler Islam hat bei ihnen keinen Platz. Trotz ihrer Mahnungen zur Friedfertigkeit können sie nicht verhindern, dass sich manche Muslime radikalisieren, wie die Erfahrung mit dem islamischen Staat in Syrien zeigt.
Außerdem entziehen sich Millionen neu eingewanderte Muslime der Kontrolle der Islamverbände. Fast alle Terroristen-Anschläge und Messerattacken stehen mit der Migration seit 2015 in Verbindung.
Noch gravierender ist die Clankriminalität. Zum sozikulturellen Hintergrund der Muslime gehört der Islam, aber auch die Großfamilie, die die Grundeinheit der sozialen Organisation in ihren Herkunftsländern bildet. Sie ist mit den Scharia-Vorstellungen eng verflochten. Sie liegt auch außerhalb der Reichweite der Islamverbände.
Die Clans haben sich in den vergangenen 30 Jahren mit Teilen der Flüchtlinge aus dem Libanon etabliert. Mit der Ankunft von Migranten aus demselben soziokulturellen Raum wie Syrer, Afghanen, Irakern, Somalier ist die Konfrontation in Deutschland vorprogrammiert, weil der Staat für ihre Aufnahme nicht ausgerüstet ist.
Wenn unkontrollierte Migration anhält, haben wir französische Verhältnisse
Einerseits ist unser Rechtssystem für Individuen gedacht und, was Gruppenauftritten angeht, weitgehend hilflos. Andererseits erwarten wir eine individuelle Integration, für die Integration ganzer Gruppen haben wir kein Konzept.
Mit der ständigen Migration und der Familienzusammenführung werden Migranten in die Lage versetzt, ihre Großfamilien zu bilden und einige davon entwickeln sich zu Familienclans. Das Ergebnis haben wir bei den Straßenkämpfen in Essen gesehen.
Wer ein Einwanderungsland sein will, wie Kanada zum Beispiel, muss Einwanderung kontrollieren und einen Integrationsplan haben; beide nach den Bedürfnissen des Landes ausgerichtet. In Kanada variiert die Zahl der aufgenommen Flüchtlingen nach den Aufnahmekapazitäten und Bedürfnissen der Wirtschaft. In Deutschland sind wir noch dabei zu überlegen, ob wir die Außengrenze kontrollieren wollen.
Bald haben wir keine Zeit mehr, zu überlegen. Die Migration bestimmt die Politik in allen europäischen Ländern und mobilisiert die Bevölkerung zugunsten der Ultrarechten, die in vielen Ländern schon die Politik bestimmen.
Zuletzt ist die niederländische Regierung wegen dieser Frage zurückgetreten. Die AfD ist in Umfragen zur zweitstärksten Partei geworden. Wenn die unkontrollierte Migration anhält, haben wir doch französische Verhältnisse.