Deutschland verwöhnt seine Migranten und schafft so Anreize für noch mehr Einwanderung

Deutschland verwöhnt seine Migranten und schafft so Anreize für noch mehr Einwanderung

Ein großzügiger Sozialstaat muss die Einwanderung begrenzen, sonst droht ihm die Überlastung. Deutschland ignoriert diesen Zusammenhang hartnäckig. Jetzt werden die Bedingungen für Migranten noch einmal verbessert. Es ist ein Geschenk für die AfD.

Fast die Hälfte der Kinder, die in Deutschland Sozialhilfe beziehen, besitzen einen ausländischen Pass. Die Kindergrundsicherung, eines der Lieblingsprojekte der Grünen, ist also genauso eine Frage der Migrationspolitik wie eine der Sozialpolitik. Nur wahrhaben will das niemand so recht, weil Deutschland kein rationales Verhältnis zur Einwanderung hat.

Fast die Hälfte der Kinder, die in Deutschland Sozialhilfe beziehen, besitzen einen ausländischen Pass. Die Kindergrundsicherung, eines der Lieblingsprojekte der Grünen, ist also genauso eine Frage der Migrationspolitik wie eine der Sozialpolitik. Nur wahrhaben will das niemand so recht, weil Deutschland kein rationales Verhältnis zur Einwanderung hat.

Die absoluten Zahlen verdecken jedoch die eigentliche Problematik. Während die Zahl der deutschen Kinder in Sozialhilfe seit 2015 von 1,6 Millionen auf eine Million zurückging, stieg sie bei den ausländischen Minderjährigen markant an: von unter 400 000 auf knapp eine Million.

Das liegt zum einen am vorübergehenden Kollaps des Grenzregimes – der sogenannten Flüchtlingskrise – und zum anderen Zustrom von Ukrainerinnen und ihren Kindern. Die Gruppe der ukrainischen Minderjährigen umfasst inzwischen 276 000 Personen. Allein aus den acht Herkunftsländern Syrien, Afghanistan, Irak, Iran, Pakistan, Somalia, Nigeria und Eritrea kommen weitere 387 000 Kinder hinzu, die Bürgergeld erhalten.

Wer in Deutschland Asyl beantragt, vor allem mit Kindern, kann darauf rechnen, dass sich der Staat ihm gegenüber genauso spendabel zeigt wie gegenüber Inländern. Umso wichtiger wäre es, die Zahl der Neuankömmlinge möglichst zu limitieren, damit das System nicht gesprengt wird: entweder ein großzügiger Sozialstaat mit restriktiv kontrollierten Grenzen oder offene Grenzen und geringe Sozialleistungen.

Hohe Sozialausgaben für alle und ein laxes Grenzregime führen geradewegs in die Überlastung. Deutschland ignoriert diesen einfachen Zusammenhang seit vielen Jahren, weshalb das Land wie ein Magnet auf Einwanderer wirkt.

Drei Faktoren machen Deutschland für Armutsmigranten besonders attraktiv. Zum einen erhalten sie rasch ähnlich viel Geld wie die Einheimischen. Ferner ist der Anteil der Sachleistungen gering, was in deutlichem Kontrast zu vielen anderen europäischen Ländern steht. Drittens können Empfänger von Sozialhilfe immer wieder auf Reformen, meist mit zusätzlichen Mitteln, rechnen. So wurde aus Hartz IV das Bürgergeld, und dieses wird zum Jahreswechsel angehoben.

Jetzt hat sich die Ampelkoalition auf die Kindergrundsicherung mit Mehrkosten von zunächst zweieinhalb Milliarden Euro geeinigt. Die deutsche Magnetwirkung im Ausland nimmt noch einmal zu, denn: «Unser Ziel als Grüne ist, dass auch Asylbewerber von der Kindergrundsicherung profitieren», so die für das Thema zuständige grüne Bundestagsabgeordnete Stephanie Aeffner im «Tagesspiegel». Ministerin Paus rechnet damit, dass die Ausgaben für die neue Sozialleistung ab dem Jahr 2025 auf mindestens sechs Milliarden steigen werden – pro Jahr. Je Kind soll es maximal 635 statt bisher 420 Euro geben. Das sind stolze Zuwächse.

Als Bonus gibt es obendrauf, dass die träge Migrationsbürokratie nur wenige Asylbewerber ohne Anerkennung abschiebt. Wer es einmal nach Deutschland geschafft hat, kann sich ausrechnen, hierbleiben und die offerierten Leistungen konsumieren zu dürfen.

Der Jackpot für alle Einwanderer ist Deutschland

Armutsmigranten handeln vernünftig, wenn sie alles daransetzen, um nach Deutschland zu gelangen. Sämtliche Länder, die sie auf dem Weg von der EU-Außen Grenze ins gelobte Land durchqueren müssen, bieten geringere materielle Anreize.

Den Menschen kann man wahrlich keinen Vorwurf machen, wenn sie ihren Lebensstandard maximieren und dorthin ziehen, wo sie am meisten erwartet. Es klingt zynisch, doch es ist nichts als eine Beschreibung der Realität, wenn man sagt, dass die EU ein gigantisches Experiment in Verhaltensökonomie durchführt. «Nudging» nennt es die Verhaltensökonomie, wenn jemand einen Anstoß erhält, etwas zu tun. Geld ist ein sehr wirksamer Anstoß.

Der Jackpot in diesem Experiment ist Deutschland. (Dass viele Menschen ertrinken oder anderweitig zu Tode kommen, ist die Kehrseite der grausamen Lotterie.)

Die Bundesrepublik wirbt um Fachkräfte und erhält meist wenig ausgebildete Armutsmigranten – und ist daran selbst schuld. Die Politik lässt sich nicht anders als irrational beschreiben.

Dabei lassen sich zwei Phasen der Irrationalität unterscheiden:

Zunächst ignorierte man die Migration («Deutschland ist kein Einwanderungsland»). Das war angesichts des Zustroms zunächst aus Südeuropa und der Türkei schon realitätsblind genug.

Von der Leugnung des Problems kippte die Politik dann nahtlos in die romantische Phase. Seither gilt es als humanitär, wenn sich die Migranten das Land aussuchen, in das sie wollen, und nicht das Land die Menschen, die es aufnehmen möchte («Willkommenskultur»).

In der Migrationspolitik herrscht ein unvorstellbares Durcheinander

Die Mängel der deutschen Migrationspolitik und ihre verhaltensökonomischen Fehlanreize sind seit geraumer Zeit bekannt. Doch die etablierten Parteien haben nichts dagegen unternommen. In der Union wird der abrupte Umschlag von der realitätsblinden in die romantische Phase durch zwei Namen gekennzeichnet: Kohl und Merkel. Auf ihre unterschiedliche Art haben beide dem Land mit ihrer Migrationspolitik geschadet.

In der Ampelkoalition wiederum prallen zwei Fraktionen aufeinander. Grüne und linke Sozialdemokraten haben aus der Flüchtlingskrise nichts gelernt und wollen den Zuzug sogar noch erleichtern. Rechte Sozialdemokraten und Liberale versuchen zu bremsen, weil sie genau wissen, dass Einwanderung ein Land überfordern kann.

Das Resultat ist eine inkonsistente Politik; sie kombiniert das Schlechteste aus beiden Welten. Einerseits dehnt man Sozialleistungen aus und klammert sich an eine obsolete Interpretation der Uno-Flüchtlingskonvention, die Zurückweisungen an der EU-Außen Grenze praktisch unmöglich macht.

Anderseits stimmt die deutsche Regierung in Brüssel einer Verschärfung des EU-Grenzregimes zu. Damit Migranten gar nicht erst europäischen Boden betreten, können sie leichter in sogenannte sichere Drittstaaten abgeschoben werden. Viele der Drittstaaten sind natürlich nicht «sicher», aber man hat sich die Betroffenen vom Hals geschafft.

Widersprüchlicher geht es nicht. Die materiellen Anreize für Armutsmigration werden erhöht. Zugleich bleibt die Abschaffung des individuellen Grundrechts auf Asyl undenkbar. In der Praxis würde sich dadurch zwar wenig ändern. Aber es wäre ein starkes immaterielles Signal dafür, dass der Magnet Deutschland an Anziehungskraft verlöre.

Zugleich wirkt die Ampelkoalition in Brüssel daran mit, Europa für Armutsmigration unattraktiver zu machen. Damit die EU dieses Ziel erreicht, müsste sie zugleich die Pull-Faktoren reduzieren. Das aber ist aussichtslos, solange die größte Volkswirtschaft des Kontinents das gelobte Land bleibt, das mit seinen Sozialleistungen eine starke Sogwirkung besitzt. Wer soll sich in dem Durcheinander noch auskennen?

Der Zickzackkurs verwirrt die Bürger und treibt sie in die Arme der AfD. Politiker der «Ampel» beklagen, dass die Wähler Fake News aus dem Internet glauben würden, wonach Migranten immer mehr bekämen, während Deutsche nicht einmal einen Termin auf dem Amt erhielten. Die Regierung fördert diese verquere Weltsicht noch, indem sie die Sozialhilfe für alle Kinder erhöht und damit scheinbar alle Vorurteile und Verschwörungstheorien bestätigt.

Die Rezepte, um die AfD einzudämmen, liegen auf der Hand. Eine konsistente und restriktive Migrationspolitik ist dabei zentral. Doch die etablierten Parteien bleiben untätig. Sie echauffieren sich lieber darüber, wie der Aufstieg der AfD die Demokratie gefährdet. Indem sie das Problem vor sich herschieben und ihren Wählern Antworten schuldig bleiben, sind es jedoch die anderen Parteien, welche die Demokratie gefährden.

Vogel-Strauß-Politik verschlimmert die Lage nur. Die Lage wird sich so schnell nicht entspannen. Die Zahl der Asylanträge hat sich in Deutschland im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem gleichen Zeitraum im Vorjahr fast verdoppelt. Die deutschen Notunterkünfte sind überfüllt – genauso wie die italienischen. Die Zeit drängt.

Quelle: NZZ

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